XFEL: „Jedes Gehirn ist einzigartig": European XFEL und DESY informieren zu Neurodiversität

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09.05.2025
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„Jedes Gehirn ist einzigartig": European XFEL und DESY informieren zu Neurodiversität

European XFEL und DESY veranstalten Expertengespräch und Podiumsdiskussion zum Thema Neurodiversität

 

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Teilnehmende und Organisierende des Neurodiversitäts-Panels „Jedes Gehirn ist einzigartig“ von European XFEL und DESY im Lighthouse Auditorium auf dem European XFEL Campus in Schenefeld. Bild: Kamin/European XFEL
Unter dem Motto „Jedes Gehirn ist einzigartig“ luden DESY und European XFEL gemeinsam zu einer besonderen Neurodiversitäts-Veranstaltung ein, um Vielfalt auf allen Ebenen zu fördern. Die Organisatorinnen Meike Flammer für den European XFEL und Nicola Baark für DESY eröffneten die Veranstaltung, die neben der Sensibilisierung für die Herausforderungen, denen sich neurodivergente Kolleginnen und Kollegen in ihrem Arbeitsalltag stellen müssen, auch die besonderen Fähigkeiten neurodivergenter Menschen hervorhob: einzigartige Problemlösungskompetenz, Kreativität und Innovationspotenzial.

In ihrer Begrüßungsrede betonte Dr. Nicole Elleuche, Geschäftsführerin des European XFEL, das langfristige Ziel des Panels: „Wir hoffen, ein vielfältiges Umfeld zu schaffen, in dem sich alle Menschen - unabhängig davon, wie sie denken oder Informationen verarbeiten - sicher fühlen und entfalten können - um bahnbrechende Forschung und Entdeckungen voranzutreiben, wofür sowohl DESY als auch der European XFEL im Kern stehen!“ In einer gemeinsamen Videobotschaft erinnerten die Mitglieder des DESY-Direktoriums um Prof. Dr. Beate Heinemann (Vorsitzende des DESY-Direktoriums) daran, dass es gerade diese außergewöhnlichen Köpfe sind, die der Wissenschaft mit ihren einzigartigen Ideen und Ansätzen immer wieder entscheidende Impulse geben.

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In der von Kerstin Straub (DESY) moderierten Podiumsdiskussion berichteten die Podiumsteilnehmer über ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit der Arbeit in einem Forschungsumfeld mit neurodiversen Erkrankungen. Bild: Kamin/European XFEL
Nach einem allgemeinen Überblick über die verschiedenen Facetten der Neurodiversität durch die Veranstalter fokussierte Dr. Daniel Schöttle (Chefarzt der Asklepios Klinik Harburg, Abteilung für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik) in seiner Keynote auf ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) und ASD (Autismus-Spektrum-Störung) im Arbeitskontext. Neben statistischer Prävalenz, Vererbbarkeit, Diagnosemechanismen/Alter und medizinischer Behandlung ging er auch auf den Geschlechterunterschied ein: Frauen würden in der Regel später diagnostiziert, z. B. aufgrund einer anderen Wahrnehmung oder Interpretation von Symptomen im Zusammenhang mit ihren neurodiversen Erkrankungen und einer anderen sozialen Interaktion im Falle von ADHS („Maskierung“) und ASD („internalisiertes Verhalten“).

Er berichtete auch, dass ASD und ADHS aufgrund einer sich überschneidenden genetischen Grundlage häufig gemeinsam auftreten (bis zu 50 %), und stellte fest, dass die mit ADHS und ASD verbundenen neurodivergenten Erkrankungen zu Komorbiditäten wie Depressionen führen können. Abschließend berichtete Dr. Schöttle über die Stärken, aber auch die typischen Schwierigkeiten, mit denen Kollegen mit ASD oder ADHS am Arbeitsplatz konfrontiert sind, und empfahl eine Reihe von Maßnahmen, die Unternehmen ergreifen können, um die Arbeitsbedingungen ihrer neurodiversen Mitarbeiter deutlich zu verbessern. Während des Vortrags beantwortete er zahlreiche Fragen des sehr engagierten Publikums im Auditorium des European XFEL Lighthouse sowie des Publikums im DESY-Auditorium und im Internet.

An den Vortrag schloss sich eine dynamische Podiumsdiskussion an, die von Kerstin Straub (DESY) moderiert wurde und in der die Podiumsteilnehmer ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit der Arbeit in einem Forschungsumfeld mit neurodivergenten Erkrankungen schilderten. Die Podiumsteilnehmer schilderten unter anderem, wie viel Energie es kosten kann, neben der täglichen Arbeit Gespräche zu entschlüsseln“. Sie beschrieben auch, wie sie ihre Symptome durch ein hohes Maß an Selbstkontrolle und Planung „maskieren“. Auf die Frage, ob sie anderen raten würden, ihre neurodivergente Diagnose am Arbeitsplatz offenzulegen, waren sich die Teilnehmer einig, dass dies eine Einzelfallentscheidung sei, dass aber das Vertrauen in ihre Vorgesetzten und Kollegen eine Mindestvoraussetzung sei. Alle Diskussionsteilnehmer beschrieben, wie eine „offizielle“ Diagnose - selbst im fortgeschrittenen Alter - ihren eigenen Umgang mit den Symptomen deutlich verbessert hat.

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion erläuterte Jan Kwietniewski von der „Beratungsstelle besondere Begabungen“ in seinem Vortrag, dass es weder eine „Eins-zu-eins“-Übersetzung von Begabung in Leistung noch eine „One-size-fits-all“-Lösung gibt. Er wies auch auf die Gründe hin (z. B. extreme Reaktionen auf sich wiederholende Aufgaben), die zu Lernblockaden, emotionalen Reaktionen und Leistungsschwäche führen können, insbesondere wenn Hochbegabung manchmal mit (anderen) neurodiversen Erkrankungen wie ADHS einhergeht. Er schloss seinen Vortrag mit einem kurzen Überblick darüber, wie das Hamburger Schulsystem hochbegabte Schüler unterstützt.

Dr. Katharina Bünz und die Psychologin Dr. Birte Walther vom DESY-Betriebsärzteteam erläuterten, welche Unterstützung es bei DESY für Kolleginnen und Kollegen mit neurodiversen Erkrankungen gibt. Sie wiesen darauf hin, dass sie zwar selbst keine Diagnosen stellen oder Medikamente verschreiben, ihre Hauptaufgabe aber darin besteht, die betroffenen Mitarbeiter bei der Anpassung ihres Arbeitsumfeldes zu unterstützen, um es sicherer und zugänglicher zu machen; außerdem können sie bei Spannungen, z.B. im Zusammenhang mit einer neurodiversen Erkrankung eines Mitarbeiters, vermitteln. Es wurde hinzugefügt, dass die europäischen XFEL-Kollegen auch mit Dr. Bünz Kontakt aufnehmen oder eine kostenlose und vertrauliche Sitzung über die Online-Plattform „Open up“ buchen können.

Zum Abschluss der Veranstaltung informierten Meike Flammer und Nicola Baark über medizinische Beratungsstellen im Raum Hamburg/Schleswig-Holstein und verteilten umfangreiches Informationsmaterial an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer (das demnächst auch online verfügbar sein wird). Sie schlossen die Veranstaltung mit dem Versprechen, in Kürze den Aufbau eines gemeinsamen Neurodiversitätsnetzwerkes zu initiieren.

Der Tag endete mit einem Networking-Mittagessen und einer Führung durch die Europäische XFEL-Anlage, was das Engagement beider Institutionen für die Förderung eines integrativen, unterstützenden Forschungsumfelds bekräftigte.