XFEL: Self-Seeding-Kaskade erzeugt helle Röntgenpulse

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17.10.2023
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Self-Seeding-Kaskade erzeugt helle Röntgenpulse

Internationales Team zeigt wie sich bei hohen Wiederholraten die erzeugte Röntgenstrahlung deutlich steigern lässt

Ein internationales Forschungsteam bei European XFEL und DESY hat gezeigt, wie sich die von einem Röntgenlaser bei hohen Wiederholraten erzeugte Röntgenstrahlung mit scharf definierten Wellenlängen deutlich steigern lässt. Ein kaskadenartiger Aufbau eröffnet neue Experimentiermöglichkeiten in einer Vielzahl von wissenschaftlichen Bereichen, in denen Röntgenstrahlung für ultraschnelle Spektroskopie, Streuung und bildgebende Verfahren eingesetzt wird.

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Künstlerische Darstellung des HXRSS-Systems am European XFEL. Copyright: European XFEL / Tobias Wüstefeld

Um die physikalischen und materiellen Eigenschaften von Proben auf der Zeitskala von Femtosekunden zu erforschen, benötigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Lichtquellen, die Röntgenblitze mit sehr hoher Wiederholrate, kurzen Pulsdauern und einem hohen spektralen Fluss liefern. Der spektrale Fluss ist die Rate, mit der Röntgenphotonen einer bestimmten Wellenlänge von der Quelle emittiert werden. Sie ist bei Röntgenlasern deutlich größer als bei anderen Röntgenlichtquellen. Mit einem ausgeklügelten, kaskadierten Hard X-Ray Self-Seeding (HXRSS)-Aufbau ist es einem Team unter der Leitung von European XFEL gelungen, die Helligkeit der Röntgenblitze bei den hohen Wiederholraten des European XFEL-Beschleunigers nochmals deutlich zu steigern.
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Layout des kaskadenartigen HXRSS-Aufbaus am European XFEL, bestehend aus drei Undulatorabschnitten (U1, U2 und U3) und zwei magnetischen Schikanen (C1und C2) mit dünnen Diamantkristallen (X1 und X2). Diese erzeugen eine schmalbandige Kerbe im Spektrum, die dann im nachfolgenden Undulatorabschnitt verstärkt wird. So entstehen helle Röntgenpulse mit scharf definierten Wellenlängen.

In einem herkömmlichen HXRSS-Aufbau erzeugen im Linearbeschleuniger beschleunigte Elektronenpakete in einer Magnetanordnung, dem ersten Undulatorabschnitt, Röntgenstrahlung nach dem Prinzip der selbstverstärkten spontanen Emission (SASE). Ein spezielles Filterverfahren wählt einen schmalen Wellenlängenbereich der Strahlung aus, die dann als „Seed“ in einen zweiten Undulatorabschnitt geleitet wird, wo sie erneut verstärkt wird. Aufgrund der hohen Wiederholrate des European XFEL im Megahertz-Bereich erwärmt sich jedoch der Diamantkristall, der den Hauptteil des Filteraufbaus bildet, was zu einer Verschiebung und Verformung des ausgewählten Wellenlängenbereichs führt.

Dieser unerwünschte Effekt wurde nun zum ersten Mal untersucht und erwies sich bei Röntgenwellenlängen über 1,5 Ångstrom als wichtig. Um den Effekt zu vermeiden, realisierte ein internationales Forschungsteam am European XFEL einen kaskadenartigen Aufbau, bei dem der Filterungsprozess mit einem zweiten Kristall und einem abschließenden Undulatorabschnitt wiederholt wird. So konnte das Team Tausende von Röntgenpulsen pro Sekunde erzeugen mit sehr schmaler spektraler Bandbreite – das heißt scharf definierter Wellenlänge – und einer durchschnittlichen spektralen Helligkeit, die etwa zwei Größenordnungen höher war als bei allen anderen Röntgenlaseranlagen weltweit.

„Wir freuen uns sehr, dass Hard X-ray Self-Seeding nun auch am European XFEL Realität geworden ist, mehr als 10 Jahre nach der ersten theoretischen Beschreibung durch ein Team von DESY FEL-Physiker:innen“, sagt Winfried Decking, Koordinator des European XFEL-Beschleunigers bei DESY. „Mit den jetzigen Verfahren kann die hohe Wiederholrate des supraleitenden Linearbeschleunigers optimal genutzt werden.“

„HXRSS eröffnet spannende neue Möglichkeiten in vielen unterschiedlichen wissenschaftlichen Bereichen“, erklärt Serguei Molodtsov, wissenschaftlicher Direktor bei European XFEL. „Die Mößbauer-Spektroskopie mit harten Röntgenphotonen von so geringer Bandbreite kann zum Beispiel für Anwendungen in der extremen Metrologie mit ultrapräzisen Atomkernuhren oder zur Untersuchung der Dynamik und der Phasenübergänge in kondensierter Materie genutzt werden.“ Der Einsatz des HXRSS-Aufbaus am European XFEL ermöglichte bereits bahnbrechende Schritte in Richtung einer neuen Generation von Atomkernuhren, die auf der resonanten Anregung des Scandium-Isomers 45Sc basieren.

Originalpublikation:

Cascaded hard X-ray self-seeded free-electron laser at megahertz repetition rate”, Shan Liu, Christian Grech, Marc Guetg et al., Nat. Photon.

Wissenschaftlicher Kontakt:

Dr. Gianluca Geloni
Tel: +49-40-8998- 5450
E-mail: Gianluca.geloni@xfel.eu

Kontakt für Medien:

Dr. Bernd Ebeling
Tel: +49-40-8998-6921
E-mail: bernd.ebeling@xfel.eu