XFEL: Übergangsmetall-Isolatoren: Ursprung von Farbe verstehen
Übergangsmetall-Isolatoren: Ursprung von Farbe verstehen
In einer theoretischen Studie hat ein Forschungsteam die leuchtenden Farben von zwei Verbindungen erklärt, deren elektronische Eigenschaften eine solche Färbung augenscheinlich verbieten. Die Farbtöne der beiden Isolatoren gehen auf Übergänge in den Spins der Elektronen zurück, die die Art und Weise verändern, wie die Materialien Licht absorbieren und reflektieren. So entstehen die leuchtenden Farben. Der vom Team verwendete theoretische Ansatz verspricht neue Erkenntnisse in Bereichen wie Optoelektronik oder der Untersuchung von Qubits, den Quantenbits in Quantencomputern.

Beispiele dafür, wie Nickeloxid (NiO) und Manganfluorid (MnF2) erscheinen, wenn sie mit verschiedenen Theorien beschrieben werden, im Vergleich zu ihrer tatsächlichen Farbe (rechts). Das Team verwendete sowohl die störungstheoretische Vielteilchentheorie („Many-body Perturbative Vertex“) als auch die dynamische Molekularfeldtheorie, die einen exakten Spin-Flip-Vertex enthält („Exact Spin Flip Vertex“). Nur die zweite Methode reproduzierte die realen Farben der Materialien, was darauf hindeutet, dass Spin-Flip-Übergänge bei ihrer Entstehung eine Schlüsselrolle spielen.
Obwohl Farbe ein vertrautes Phänomen ist, ist es mitunter eine Herausforderung zu erklären, wie die Farbtöne bestimmter Materialien zustande kommen. Dies ist zum Beispiel der Fall bei nichtleitenden Materialien, die Übergangsmetalle enthalten. Bei diesen Verbindungen ist die Energielücke zwischen dem Valenzband, in dem die Elektronen fest an die Atome gebunden sind, und dem Leitungsband, in dem sich die Elektronen frei bewegen können, größer als die höchste Energie der Photonen von sichtbarem Licht. Das bedeutet, dass diese Materialien kein sichtbares Licht absorbieren dürften. Da die Farbe einer Verbindung komplementär zu den Wellenlängen ist, die das Material absorbiert, sollten wir diese Isolatoren daher als durchsichtig und nicht als farbig wahrnehmen.

Ein Forschungsteam, darunter der Leiter der Theoriegruppe bei European XFEL Alexander Lichtenstein, untersuchte nun mit zwei sich ergänzenden theoretischen Methoden den Ursprung der Farbe von zwei typischen Übergangsmetall-Isolatoren: Nickel(II)-oxid (NiO) – eine grüne Verbindung, die bei der Herstellung von Keramik und Nickelstahl sowie in Dünnschicht-Solarzellen, Nickel-Eisen-Batterien und Brennstoffzellen verwendet wird – sowie Mangan(II)-fluorid (MnF2), ein rosafarbenes Material, das bei der Herstellung von Spezialglas und Lasern zum Einsatz kommt.
Während beide theoretischen Ansätze die grüne Farbe von NiO erfolgreich erklärten, konnte der erste Ansatz die rosa Farbe von MnF2 nicht reproduzieren. „Bei der ersten Methode handelt es sich um eine sogenannte Störungstheorie, die nur solche Anregungen in der d-Schale von Übergangsmetallen beschreiben kann, bei denen der Elektronenspin erhalten bleibt – die zweite ist dagegen eine lokal exakte Theorie, die komplizierte Vertex-Korrekturen zu Spin-Flip-Prozessen höherer Ordnung mit einbezieht“, erklärt Alexander Lichtenstein, der ebenfalls Professor an der Universität Hamburg ist. „Diese zusätzlichen Beiträge sind Schlüsselmechanismen, die die Reaktion der Materialien auf sichtbares Licht verändern und damit erklären, warum sie farbig sind, obwohl die Konfiguration der Elektronen dies auf den ersten Blick zu verbieten scheint.“ Darüber hinaus konnte das Team Prozesse entschlüsseln, die die Helligkeit der die Färbung auslösenden Ladungsanregungen bestimmen.
Solche Ladungsanregungen – auch „Exzitonen“ genannt – und ihre Spin-Mechanismen zu verstehen, ist zum Beispiel für die Forschung in der Optoelektronik oder die Untersuchung von Qubits für den Einsatz in Quantencomputern wichtig. Die theoretische Arbeit des Teams ermöglicht es, die in solchen Systemen beobachteten Parameter explizit zu berechnen – ein entscheidender Fortschritt in ihrer Beschreibung und ihrem Verständnis.
Neben Alexander Lichtenstein gehören auch Forschende der Radboud University (Niederlande), des National Renewable Energy Laboratory (USA), des King’s College London (Großbritannien) und der Australian National University (Australien) zu dem Forschungsteam. Die Studie wurde in Nature Communications veröffentlicht.
Referenz:
“A theory for colors of strongly correlated electronic systems”, Swagata Acharya et al., Nat. Commun. 14, 5565 (2023). DOI:10.1038/s41467-023-41314-6
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Alexander Lichtenstein
E-mail: alichten@physnet.uni-hamburg.de
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