XFEL: Heliumtröpfchen zur Untersuchung von Nanostrukturen
Heliumtröpfchen zur Untersuchung von Nanostrukturen

Die SQS Experimentierstation am European XFEL. Copyright: European XFEL/Axel Heimken
Mit Hilfe einer konischen Düse hat ein internationales Forschungsteam wirbelfreie Tröpfchen aus supraflüssigem Helium erzeugt, die größer sind als jemals zuvor. Die Tröpfchen sind groß genug, um in Röntgenbeugungsbildern aufgelöst zu werden. Damit eignen sie sich ideal zur Untersuchung der Selbstorganisation einer Vielzahl von Nanostrukturen, die sich in supraflüssiger Umgebung bilden.
Eine Supraflüssigkeit, wie zum Beispiel sehr kaltes, verflüssigtes Helium, fließt ohne innere Reibung. Tröpfchen aus supraflüssigem Helium bieten daher eine ideale Umgebung, um die Bildung selbstorganisierter Nanostrukturen aus verschiedenen Dotierstoffen zu untersuchen – also Atomen und Molekülen, die gezielt in die Tröpfchen eingebracht werden. Das Auftreten von Wirbeln im Inneren der Tröpfchen kann jedoch den Aufbau solcher Nanostrukturen behindern, da viele Dotierstoffe leicht von ihnen angezogen werden. Nun hat ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unter der Leitung von Forschenden der TU Berlin mit einer speziellen Düse an der SQS-Experimentierstation des European XFEL wirbelfreie Helium-Nanotröpfchen erzeugt und den Größenbereich erforscht, in dem sie hergestellt werden können.
„Mit unserer konischen Düse konnten wir durch Kondensation von expandierendem Heliumgas wirbelfreie Tröpfchen erzeugen, die bis zu tausendmal mehr Heliumatome enthalten als mit bisherigen Methoden hergestellte Tröpfchen“, erklärt Rico Tanyag, einer der Projektleiter der Studie, der kürzlich von der TU Berlin zur Universität Aarhus in Dänemark gewechselt ist. „Diese Größe ermöglicht es uns, sowohl die Tröpfchen als auch die Nanostrukturen aus Dotierstoffen in ihrem Inneren mit den ultrakurzen Pulsen von Freie-Elektronen-Röntgenlasern wie dem European XFEL abzubilden“, ergänzt Daniela Rupp von der ETH Zürich in der Schweiz, die andere Projektleiterin der Untersuchung. „Unser Experiment eröffnet damit die Möglichkeit, die Entstehung solcher Nanostrukturen im atomaren Detail zu erforschen.“
Die Forschenden untersuchten Heliumtröpfchen, die mit Xenon-Atomen dotiert waren, mittels kohärenter Röntgenbeugung. Dabei zeigte sich, dass bis zu einer Tröpfchengröße von hundert Millionen Helium-Atomen – tausendmal mehr als bisher möglich war – einzelne kompakte Xenon-Strukturen vorherrschten, die auf eine wirbelfreie Bildung hindeuten. Größere Tröpfchen enthielten dagegen Xenon-Filamente, was auf das Vorhandensein von Wirbeln schließen lässt, die die Strukturbildung störten.

“Die bei SQS vorhandene Instrumentierung und die ausgezeichneten Eigenschaften des SASE3-Undulators, der die Experimentierstation mit weicher Röntgenstrahlung versorgt, bieten eine ideale Grundlage für diese Untersuchungen“, erklärt Michael Meyer, leitender Wissenschaftler der SQS-Gruppe. Die neue Quelle für Helium-Nanotröpfchen wurde in einer Zusammenarbeit von SQS mit der Gruppe von Thomas Möller an der TU Berlin entwickelt und steht nun der gesamten wissenschaftlichen Gemeinschaft bei SQS zur Verfügung. „Diese Weiterentwicklung könnte es uns ermöglichen, nach Bedarf Heliumtröpfchen in präzisen Größen zu erzeugen, die auf bestimmte Experimente zugeschnitten sind“, ergänzt Anatoli Ulmer von der TU Berlin, der Hauptautor der Veröffentlichung, der die Quelle entwickelt hat. Diese Fähigkeit würde es den Forschenden ermöglichen, die Selbstorganisation einer Vielzahl von Dotierstoffen, einschließlich ihrer Entwicklung mit unterschiedlicher Teilchenanzahl, sowie ein breites Spektrum von zwischenmolekularen Anziehungskräften systematisch zu erforschen.
Originalpublikation:
“Generation of Large Vortex-Free Superfluid Helium Nanodroplets”, Anatoli Ulmer et al.
Phys. Rev. Lett. 131, 076002 (2023), DOI:10.1103/PhysRevLett.131.076002
Kontakt:
Dr Michael Meyer
Tel: +49-40-8998-5614
E-mail: michael.meyer@xfel.eu
Dr Bernd Ebeling
Tel: +49-40-8998-6921
E-mail: bernd.ebeling@xfel.eu