XFEL: Kristallstrukturen aus Pulver von Polymeren bestimmt
Kristallstrukturen aus Pulver von Polymeren bestimmt
Mit einer speziell auf die Untersuchung kleiner Moleküle zugeschnittenen Technik hat ein internationales Forschungsteam an den Röntgenlasern LCLS und European XFEL die Struktur von metallorganischen Polymeren entschlüsselt, die sich nur schwer zu großen Kristallen züchten lassen. Die Ergebnisse klären langjährige Kontroversen über die atomare Verknüpfung und die Anordnung von Schichten dieser Verbindungen.

The FXE instrument at European XFEL
Metallorganische Chalkogenolate sind selbstorganisierende Polymere aus einem Metall und einem organischen Molekül, das Schwefel, Selen oder Tellur enthält. Sie sind aufgrund ihrer Halbleitereigenschaften, ihrer Wechselwirkung mit Licht und ihrer katalytischen Aktivität von großem Interesse. Allerdings bilden diese Verbindungen nur extrem kleine Kristalle, weshalb ihre Struktur schwer zu bestimmen ist.
Ein internationales Team einschließlich Forschenden von European XFEL hat nun am Röntgenlaser Linac Coherent Light Source (LCLS) in Kalifornien und am European XFEL eine als serielle Femtosekunden-Kristallographie für kleine Moleküle (smSFX) bzeichnete Technik eingesetzt, um mikrokristalline Silber-n-Alkanthiolate zu untersuchen. Die Forschenden werteten die Messungen mit neuen, speziell für diesen Zweck entwickelten Rechenmethoden aus und konnten so hochpräzise Kristallstrukturen direkt aus Pulversuspensionen dieser Verbindungen bestimmen.
Freie-Elektronen-Röntgenlaser (XFELs) erzeugen Röntgenstrahlen mit hohem Photonenfluss und ultrakurzer Dauer der Röntgenpulse, weshalb diese Anlagen für die Untersuchung von Mikrokristallen mit atomarer Auflösung mittels smSFX ideal geeignet sind. „Die smSFX-Technik beruht auf einem Konzept, das Beugung vor Zerstörung genannt wird, um Beugungsbilder von Proben bei Raumtemperatur aufzunehmen“, erklärt Christopher Milne, leitender Wissenschaftler der FXE-Experimentierstation, an der die Messungen bei European XFEL durchgeführt wurden. „Die Dauer der Röntgenpulse ist kürzer als die zeitliche Entwicklung der durch die Röntgenstrahlen verursachten Ionisationsschäden, und der hohe Photonenfluss jedes Pulses kann ein starkes Beugungssignal selbst von Mikrokristallen erzeugen.“ Dies ist besonders hilfreich, um Systeme zu studieren, die nur kleine oder unzureichende Kristalle bilden. Die SFX-Methode wurde bereits routinemäßig zur Untersuchung von Proteinkristallen an XFELs eingesetzt, aber erst kürzlich auf die Analyse kleiner Moleküle ausgedehnt.
„Wir haben die Kristallstrukturen von Silber-n-Alkanthiolaten mit verschiedenen Alkylkettenlängen bestimmt, über die es bisher erhebliche Unstimmigkeiten gab“, erklärt James Nathan Hohman von der University of Connecticut, USA, der die Untersuchung leitete. „Das sind die ersten smSFX-Datensätze mit atomarer Auflösung. Wir haben diese Materialien ausgewählt, um einige offene Fragen bezüglich ihrer Zusammensetzung auf atomarer Ebene zu klären. Die Methode ist robust, und wir haben gezeigt, dass wir unbekannte Kristallstrukturen in nur wenigen Minuten Messzeit bestimmen können. Die Detailgenauigkeit, die wir dabei erreicht haben, beweist die Leistungsfähigkeit dieser Technik, um hochwertige Strukturdaten von komplexen hybriden Materialien zu gewinnen, die für Anwendungen in den Bereichen Halbleiter, Supraleiter und Quantencomputer relevant sind.“
Die Studie wurde von einem Team unter der Leitung der University of Connecticut und des Lawrence Berkeley National Laboratory in den USA durchgeführt, dem auch Forschende von European XFEL, LCLS und des MAX IV-Labors in Schweden angehören. Die Ergebnisse wurden im Journal of the American Chemical Society veröffentlicht.
Referenz:
“XFEL Microcrystallography of Self-Assembling Silver n‐Alkanethiolates”, Mariya Aleksich, Daniel W. Paley, Elyse A. Schriber et al., J. Am. Chem. Soc. 145, 31, 17042–17055 (2023), DOI:10.1021/jacs.3c02183
Kontakt:
Dr. Christopher J. Milne
Tel.: +49-40-8998-5610
E-Mail: christopher.milne@xfel.eu
Dr. Bernd Ebeling
Tel.: +49-40-8998-6921
E-Mail: bernd.ebeling@xfel.eu