XFEL: European XFEL erzeugt Laserlicht mit Weltrekord-Energie

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08.04.2020
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European XFEL erzeugt Laserlicht mit Weltrekord-Energie

Röntgenlaser erreicht großen Schritt zu Experimenten mit hoher Photonen-Energie

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Der Beschleunigerteil des European XFEL mit seinem gelben Modulen streckt sich über zwei kilometer. Copyright DESY / Dirk Nölle
Harte, kurzwellige Röntgenstrahlung in Pulsen von weniger als 100 Femtosekunden Dauer, wie sie beispielsweise am European XFEL erzeugt werden, eröffnen völlig neue wissenschaftliche Möglichkeiten, um Materie und Materialien auf atomarer Ebene in ultrakurzen Zeitskalen zu untersuchen. Als einziger Freie-Elektronen-Röntgenlaser weltweit ist der European XFEL jetzt in der Lage, intensive Röntgenblitze mit Energien von 25 Kilo-Elektronenvolt (25 keV) und darüber hinaus zu erzeugen, und so in unbekannte Welten vorzudringen und komplexe Phänomene zu untersuchen.

Mit der Photonenenergie von 25keV – das entspricht einer Laserwellenlänge von 0,5 Angström (0,05 Nanometer) – stellte die DESY-Betriebsmannschaft, die den European-XFEL-Beschleuniger betreibt, einen neuen Wellenlängenrekord für Laserlicht auf. Durch eine Änderung der Einstellung des Undulators SASE1, einer der Lichterzeugungsstrecken des European XFEL, konnte das Beschleunigerteam die Grenze sogar noch weiter auf 30 keV hinausschieben und auf einem Szintillatorschirm deutliche Hinweise auf Freie-Elektronen-Laserstrahlung beobachen.

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Der Betriebstkontrollraum am DESY Bahrenfeld. Von dort wird der Beschleuniger gesteuert. Copyright DESY / Heiner Müller-Elsner
“Die Photonenenergie von 25 keV ist doppelt so hoch wie die im ursprünglichen Design vorgesehene Photonenenergie des European XFEL und liegt damit am Ende des erwarteten Designbereichs”, sagt Winfried Decking, Leiter des DESY-Beschleunigerteams für den European XFEL. “Dieses Ergebnis ist zwar noch nicht auf den Nutzerbetrieb übertragbar, zeigt aber die einzigartigen Möglichkeiten des European XFEL, die auf einer Kombination aus einem supraleitenden Hochenergie-Linearbeschleuniger und etwa 230 Meter langen, flexiblen Undulatorsystemen beruhen.

“Es ist beeindruckend zu sehen, dass der European XFEL diese Photonenenergien erreichen kann”, sagt Sakura Pascarelli, wissenschaftliche Direktorin des European XFEL. “Da hochenergetische, harte Röntgenstrahlung größere Eindringtiefen ermöglicht, wird nun die Untersuchung von Materialien in komplexen, hoch absorbierenden Umgebungen möglich. Diese Parameter werden beispielsweise für die Untersuchung dynamischer Prozesse in der Materialwissenschaft und -technik, die Struktur und Dynamik von Flüssigkeiten, Schmelzen und Lösungen sowie die Untersuchung von Materie bei sehr hohem Druck in Diamant-Stempelzellen entscheidend sein.”

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Der FEL-Strahl auf einem röntgenempfindlichen Bildschirm.
Nach dem Winter-Shutdown 2019/2020 konzentrierten sich die Beschleunigerexperten von DESY zuerst darauf, die bereits 2018 erreichten hohen Elektronenenergien wieder herzustellen. Mit Hilfe sogenannter Piezo-Tuner, Geräte, die jeden der 800 supraleitenden Resonatoren zehnmal pro Sekunde mechanisch verformen, um der Deformation entgegenzuwirken, die durch die elektromagnetischen Kräfte des gepulsten Hochfrequenzfeldes hervorgerufen wird, konnten die Frequenzen der Resonatoren mit einer bisher unerreichten Genauigkeit konstant gehalten werden. Das ermöglichte einen stabilen Betrieb bei einer Elektronenenergie von 17,5 GeV über viele Stunden und mit der vollen Anzahl von Teilchenpaketen.

Mit den erzielten hohen Energien der beschleunigten Elektronen testeten die Wissenschaftler die Photonenenergiegrenzen der Anlage. Durch entsprechende Einstellung der SASE1-Undulatoren konnten sie Laserlichterzeugung bei der Weltrekordenergie von 25 keV mit einer Energie von etwa 100 μJ pro Röntgenpuls beobachten. Erste Nutzerexperimente bei 16,5 GeV Teilchenenergie und 24 keV Laserlicht-Energie sind für 2020 am SASE2-Undulator geplant. Die jetzt erzielten Ergebnisse bei SASE1 sind ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu Experimenten, die anlaufen sollen, sobald der European XFEL aus dem sicheren Zustand, in dem er sich aufgrund der SARS-CoV-2-Pandemie befindet, wieder seine volle Leistung erreicht hat.