XFEL: Forscher steuern Bewegung ultraschneller Elektronen

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ger,eng
03.03.2016
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Forscher steuern Bewegung ultraschneller Elektronen

European XFEL-Wissenschaftler an Experiment am italienischen Freie-Elektronen-Laser FERMI beteiligt

Einem internationalen Wissenschaftlerteam, darunter Forscher von European XFEL, ist es gelungen, mit Licht des Freie-Elektronen-Laser FERMI am Forschungszentrum Elettra Sincrotrone Trieste die ultraschnelle Bewegung von Elektronen zu steuern. Das in der Fachzeitschrift Nature Photonics beschriebene Experiment ist ein Schritt zur Untersuchung von komplexeren Prozessen, die in der Natur auf der Skala von Attosekunden (Milliardstel einer milliardstel Sekunde) ablaufen, wie zum Beispiel Reaktionsschritte der Photosynthese, Verbrennung, Katalyse und Atmosphärenchemie.

Im Jahr 1999 erhielt Ahmed Zewail den Nobelpreis für seine Arbeiten zur „Femtochemie“, der Beobachtung und Steuerung von dynamischen chemischen Prozessen mit Hilfe von ultraschnellen Laserpulsen mit einer Dauer von wenigen Femtosekunden (Millionstel einer milliardstel Sekunde). Dies ist die Zeitskala, auf der Atome in chemischen oder biologischen Prozessen wie der Photosynthese oder Verbrennung Bindungen ausbilden oder lösen.

Allerdings kann die Natur noch schneller sein. Die Atome in einem Molekül bewegen sich auf der Skala von Femtosekunden, doch die Elektronen, die die Basis für chemische Bindungen bilden, sind tausendmal schneller: In den Prozessen, die sie verursachen, bewegen sie sich innerhalb von zehn oder hundert Attosekunden.

 

Ein Freie-Elektronen-Laserblitz im UV-Bereich regt ein Neon-Atom (lila) dazu an, ein Elektron (grÃŒn) auszusenden. (Maurizio Contran, Politecnico di Milano)
„Wie viele Wissenschaftler arbeiten wir seit Jahren an der Entwicklung von innovativen Analysemethoden mit einer Zeitauflösung von Attosekunden, um schnelle dynamische Prozesse untersuchen und steuern zu können“, erklärt Elettra-Wissenschaftler Kevin Prince, der Leiter des Experiments. „Mit dieser Studie, die die außergewöhnlichen Eigenschaften des Laserlichts von FERMI nutzt, können wir nun sagen: Wir haben unser Ziel endlich erreicht.“

Das internationale Forscherteam aus Italien, Japan, Russland, den USA und Deutschland nutzte zwei überlagerte Lichtstrahlen unterschiedlicher Wellenlänge (d.h. zwei verschiedene Farben). Damit gelang es den Forschern, die Emissionsrichtung von Elektronen zu steuern, die von dem Licht aus einem Atom herausgelöst wurden. Das Experiment demonstriert die perfekte Kontrolle der relativen Phaseneinstellung der beiden Wellenlängen, also der zeitlichen Überlagerung der jeweiligen Wellenberge und -täler, mit einer Zeitauflösung von drei Attosekunden – ein Erfolg, der dank der hohen Stabilität und Präzision der bei FERMI möglichen Strahlkontrolle erreicht werden konnte.

Die Technik könnte nun an Freie-Elektronen-Lasern zur Untersuchung und Steuerung von extrem schnellen Prozessen zum Einsatz kommen. Als besonders nützlich könnte sie sich auch an Freie-Elektronen-Röntgenlasern wie dem European XFEL erweisen, die gezielt spezifische Elektronen in einem Atom oder Molekül anregen können.

„In Experimenten am European XFEL könnte diese Methode elementspezifische Informationen zur Analyse von lichtinduzierten Reaktionen in großen Molekülen beisteuern“, erläutert Michael Meyer, leitender Wissenschaftler bei European XFEL und Mitglied des Forschungsteams.

„Der nächste Schritt", erklärt Prince abschließend, „wird sein, die Technik, die wir demonstriert haben, auf die Untersuchung von komplexeren Prozessen anzuwenden, die auf der Attosekunden-Skala ablaufen, wie katalytische Prozesse und Atmosphärenchemie.“


Die Diagramme zeigen die Phaseneinstellung der beiden im Experiment verwendeten ultravioletten WellenlÀngen. Die Forscher konnten die Überlagerung mit einer Genauigkeit von drei Attosekunden steuern. (Carlo Callegari, Elettra Sincrotrone Trieste)